Dr. Boris Weirauch MdL

Dr. Boris Weirauch MdL

Sorge wegen Zunahme häuslicher Gewalt in Corona-Zeiten in Mannheim: Weirauch bekommt Auskunft aus dem Sozialministerium

Veröffentlicht am 13.01.2021 in Landespolitik

Der Mannheimer SPD-Landtagsabgeordnete Dr. Boris Weirauch hat bei der baden-württembergischen Landesregierung mittels einer parlamentarischen Anfrage in Erfahrung gebracht, wie sich die Fälle von häuslicher Gewalt in Mannheim im Zuge der Pandemie-Bekämpfung entwickelt haben. Aus der Antwort des Sozialministeriums geht hervor, dass sich Vorfälle von Gewalt in Partnerschaften Stand September im Jahr 2020 im Trend noch nicht in erhöhtem Maße in der polizeilichen Kriminalstatistik niederschlagen werden, es jedoch bisher mehr verzeichnete Gewalt gegen Kinder als im Jahr 2019 gegeben hat.

„Seit Ausbruch der COVID19-Pandemie steht zu befürchten, dass Isolation, Quarantänesituationen und wirtschaftliche Not zu mehr Fällen von häuslicher Gewalt führen könnten“, erklärt Weirauch den Hintergrund seiner Anfrage. Weiterhin steht die Befürchtung im Raum, dass schutzsuchende Menschen in Pandemiezeiten höhere Hemmnisse haben, auf bestehende Hilfsangebote zurückzugreifen, und dass Schutzorte wie Frauenhäuser in Handlungsfähigkeit und Aufnahmekapazität deutlich beeinträchtigt sind. Weirauch hatte sich daher sowohl nach der Entwicklung von Fällen häuslicher Gewalt, den Auswirkungen auf Frauenhäuser und den Maßnahmen der Landesregierung erkundigt.

Laut der Antwort des Sozialministeriums bewegten sich die Zahlen in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) im Stadtkreis Mannheim in den ersten neun Monaten Januar bis September des Jahres 2020 die Opferzahlen der Partnergewalt auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Im Jahr 2019 verzeichnet die PKS insgesamt 510 Fälle von Partnergewalt; davon sind 386 Fälle von Körperverletzungen.

Die Geschäftsführerin des Mannheimer Frauenhauses Nazan Kapan sieht die Aussagekraft der Zahlen aus dem Ministerium kritisch: „Es ist bekannt, dass in die PKS nur die Fälle auftauchen, die auch bei der Polizei bekannt werden. Die Dunkelziffer ist traditionell hoch, und die Zahlen aus der Beratung zeigen für 2020 eine Steigerung gegenüber 2019 an.“ Weirauch und Kapan weisen zudem daraufhin, dass die Antwort des Ministeriums noch nicht die verschärfte Situation des 2. Lockdowns berücksichtigt.

Als Alarmsignal werten beide bereits jedoch schon jetzt, dass offenbar die Gewalt gegen Kinder gegenüber dem Vergleichszeitraum zugenommen hat. In den Monaten Januar bis September 2020 zeichnete sich laut Auskunft des Sozialministeriums im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Anstieg der Opfer im Kindesalter im familiären Raum im Stadtkreis Mannheim ab.

Auch in der Antwort der Landesregierung legen die Zahlen zu den Beratungs-Hotlines nahe, dass es trotz der bis September nicht angestiegenen Fallzahlen von Partnergewalt in der PKS eine Verschärfung der Situation von durch häusliche Gewalt bedrohte Personen gegeben hat. Vor allem das Bundeshilfetelefon „Gegen Gewalt an Frauen“ verzeichnete einen deutlichen Zuwachs an Anfragen in den ersten Monaten der Corona-Pandemie. Das Bundeshilfetelefon ist per Telefon, Chat, E-Mail und Gebärdensprache rund um die Uhr erreichbar, während Fachberatungen in der Regel nur während der üblichen Geschäftszeiten erreichbar sind – Zeiten also, in denen Partner und Kinder in Zeiten der Kontaktbeschränkungen üblicherweise zu Hause sind.

Nazan Kapan berichtet von einer Zunahme sowohl von Beratungskontakten des Mannheimer Fraueninformationszentrums, als auch einer Zunahme von Platzverweisen und polizeilichen Meldungen. „Auch wenn die Statistiken für 2020 noch nicht abgeschlossen sind, gehe ich davon aus, dass wir für die Pandemie-Zeit generell einen Zuwachs an Vorfällen verzeichnen werden, auch wenn sie bei der Polizei nicht angezeigt werden“, erklärt Kapan weiter.

Weirauch äußert sich auch mit Hinblick auf den zweiten Lockdown besorgt: „Auf die Menschen kommen mit dem harten zweiten Lockdown nach einem ohnehin kräftezehrenden Jahr noch einmal schwere Stresssituationen zu. Steigende Gewalt gegen Kinder sollte uns alle alarmieren, dass wir dies für den aktuellen Lockdown stärker in den Blick nehmen und auch bei geschlossenen Schulen und Betreuungseinrichtungen den Kontakt zu gefährdeten Kindern nicht verlieren.“